Rolle rückwärts.

Meine Posts hier sind eher ein Laboratorium. Das, wofür ich die Schreibkultur im Web vielleicht am Meisten schätze. Es ist wahrscheinlich nicht ohne Ironie zu verstehen, dass meine Beiträge für die Schulzeitung diese Haltung nicht für alle transportieren konnten – und dass sie gerade Medienkompetenz zum Thema hatten.

Ich habe zwei Rezensionen geschrieben, für die ich Kritik erwartet und gewünscht habe. Dafür waren sie gemacht. Aber ihre Wirkung wurde für manche LeserInnen vor allem durch meine Rolle als Lehrperson bestimmt. Dadurch dass meine Rolle für manche als die eines Vorbilds oder eines Repräsentanten der Schule bestimmt ist. Und klar: Dass ich meine Vorbildfunktion eher in Streitbarkeit sehe, im offenen Abwägen und Fragen, diese Wahrnehmung kann ich niemandem aufzwingen. Das ist ja auch eher ein Wunsch, ein Bild, ein Ideal.

Es fühlt sich pubertär an: An mich werden andere, neue Erwartungen gestellt, seit ich Lehrer bin. Ich dagegen sehe mein Lehrersein eher im Unterlaufen dieser Erwartungen. Darin, meinen SchülerInnen auf diese Weise Platz für Kritik zu schaffen. Ich will die Rolle erfüllen, indem ich sie verweigere.

Erst langsam verstehe ich, welche Art der Anstrengung das bedeutet. Auch weil es schwer ist, dabei ebenso KollegInnen und Eltern, deren Erwartungen gleichermaßen im Blick zu haben. Unklar, ob das überhaupt möglich ist. Auch weil ich nicht einfach sagen kann: „Das ist halt der Lehrplan. Das macht man halt so.“ Dadurch rücke ich als Person, als persönliche Meinung in den Vordergrund, anstatt eine Möglichkeit zu sein, streitbar zu sein. Meine Entscheidung wird mir zugeschrieben, man ist von mir enttäuscht – und nicht von meinen Gründen, Positionen.

Es ist sehr unangenehm, andere auf diese Art zu enttäuschen. Ich möchte niemanden verletzen; und nicht verletzt sein.

Auch das fühlt sich pubertär an. Rollenerwartungen. Rolle rückwärts. Zurück zum Anfang. Kein Anfang. Nur Anfänge.

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