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Nicht nur das Internet vergisst nie: Die Geschenkkarte der diesjährigen AbiturientInnen zeigt einen meiner Tafelanschriebe. (Während einer 5-stündigen Samstagsklausur entstanden.)

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Sicherheitsdenken

Das spüre ich gerade so oft: Den Wunsch, dass das eigene Weltbild stimmt. Den Widerwillen gegen die Masse an Widersprüchen in der Masse an Information. Die Hoffnung, dass Sicherheit mehr ist als die eigene Einschätzung der Situation.

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Die Aufmerksamkeit ist ein Bleistift

Ich hatte mir vorgenommen, in den Ferien zu lesen. Als Vorbereitung für „Dantons Tod“ lag auch „Tugend und Terror“ von Johannes Willms auf dem Stapel. Eine massiv dröge und voraussetzungsreiche Textwüste mit vielen Wiederholungen, wenigen Pointen und starker Schwerpunkt-Setzung auf die politischen Akteure der Revolutions-Eliten, zwischen deren Namen, Anträgen und Hinrichtungen man sich auch mit wenig ausgeprägtem ADHS schnell verläuft. Kurzum: Es war mühsam.

Was ich dabei (wieder) gelernt habe: Wenn vom Wert des Bücher-Lesens gesprochen wird, geht es nicht nur darum, eine Konzentriertheit zu schulen, sondern auch darum, Langeweile hinzunehmen. Ich würde das Buch niemandem empfehlen, der nicht Experte für das Thema ist oder sein möchte. Beides trifft nicht auf mich zu. Dennoch war das Lesen der ca. 700 Seiten für mich sinnvoll.

Dadurch, dass ich enorm viel Zeit investiert habe, war ebendiese Zeit geblockt: für das Nachdenken über die Französische Revolution. Und dieses Nachdenken im Dahinwischen über die bedruckten Seiten hat sich mit Momenten intensiveren Lesens abgewechselt. Denn wenn sich Willms‘ Text mal wieder in detaillierten Schilderungen politischer Volten verlief, tauchte meine Aufmerksamkeit ab. Anfangs wehrte ich mich dagegen, blätterte zurück. Später sparte ich mir die Mühe. Es würde eh keine 15 Minuten dauern, bis alles Gelesene wieder im ewigen „To-Do-Ordner“ landet. Erst dann wurde die Lektüre produktiv.

Eine gute Lektüre endet nicht am weißen Seitenrand, für sie braucht es nicht einmal ein gutes Buch – auch das sollte man Schülerinnen vermitteln, wenn man sich für’s Bücher-Lesen starkmacht.

Mich beschleicht das Gefühl, dass viele Alltags-Apologeten des Bücher-Lesens eine Lektürepraxis vor Augen haben, wie sie vor allem kleine Kinder erleben: eine Geschichte so aufmerksam verfolgen, dass man sie fast auswendig wiedergeben kann. Grund dafür ist vielleicht die Frontstellung zum angeblich so sprunghaften Lesen im Digitalen. Aber das Lesen der Erwachsenen sieht doch meist anders aus: Über den Wechsel zwischen Fokussiertheit und Abdriften wacht bestenfalls stets eine Aufmerksamkeit wie der gespitzte Bleistift in der entspannten Hand. Diese gilt es zu schulen. Egal an welchem Medium.